„Was für ein Kreuz tragen Sie am Revers Ihres Anzuges?“ „Sie gehören als Familiare zum Deutschen Orden, was ist das?“ „Oder handelt es sich hier um das „Eiserne Kreuz?“

Vorab: Das Eiserne Kreuz als Auszeichnung für Tapferkeit im Krieg, erstmals 1813 verliehen, wurde ganz  bewusst äußerlich an das Deutschordenskreuz angelehnt, hat aber mit dem geistlichen Orden nichts zu tun.

Der Deutsche Orden wurde im Jahre 1190, während des dritten Kreuzzuges, bei der Belagerung der Hafenstadt Akkon durch christliche Kreuzfahrerheere, von Bremer und Lübecker Kaufleuten als Hospitalbruderschaft gegrün-det und erhielt hier seine erste Niederlassung. Besonders durch das staufische Kaiserhaus erfuhr diese neue Gemeinschaft, die sich „Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem“ nannte, eine große Förderung. Im Jahre 1198 wurde die Hospital-bruderschaft in einen Ritterorden umgewandelt: Templer  und Jo-hanniter stellten das Vorbild, Rittertum und Krankenpflege bil-deten die gleichberechtigten Grundpfeiler des neuen Ordens. Die Regeln der neuen Gemein-schaft orientierten sich an denen der beiden älteren Ritterorden und wurden fortgeschrieben durch die Lebensregel des Zisterzienser-ordens. Schon drei Jahrzehnte nach der Gründung des Zeltspitals erlangte der neue Orden die völ-lige Gleichberechtigung mit den Tempelrittern und dem Johanniter-orden als den beiden großen Ritterorden. Unter der Leitung ei-nes gewählten Hochmeisters blühte der Orden in kurzer Zeit auf. Hochmeister Hermann von Salza (1209-1239) ist mit zu den bedeutendsten Diplomaten des 13. Jahrhunderts zu rechnen.                                            

 

Um 1200 erhielt der Orden Besitz-tümer in der Südsteiermark und in Halle a. d. Saale, um 1220  kamen erste Niederlassungen im Rhein-land dazu. 1230 folgte der Orden dem Ruf nach Preußen, wenige Jahre danach (1237) wurde ihm der livländische Orden der Schwertbrüder mit seinen Besit-zungen eingegliedert. Vom Hei-ligen Land bis nach Spanien, von Sizilien bis ins Baltikum war der Deutsche Orden nun präsent. Ideelles Zentrum des Ordens in Deutschland wurde Marburg. Die Ordensritter setzten sich sehr für die Heiligsprechung der Elisabeth von Thüringen ein, die nach ihrer Heiligsprechung 1235 Mitpatronin des Ordens wurde. Der Schwager Elisabeths, Konrad von Thüringen, war  Hochmeister von 1239-1240. In Preußen, das ist das Land zwischen Weichsel und Memel, griff der Orden auf wiederholte Bitten des nordpolnischen Her-zogs Konrad von Masowien und auf Drängen von Papst und Kaiser ein. Aufgabe war die Missionie-rung der heidnischen Pruzzen. Stadtgründungen wie Marienwer-der, Elbing und Königsberg zeugen vom Engagement des Ordens in diesem Land. Das kirchliche Leben erfuhr 1243 durch die, unter Mitwirkung des Ordens erfolgte Gründung der vier Bistümer Kulm, Pomesanien, Ermland und Samland, eine sta-bile Strukturierung, wobei das Bistum Ermland die Stürme der Reformation überstand und bis heute ununterbrochen Bestand hat.                                             

 

Nach dem endgültigen Verlust des Heiligen Landes 1291 wurde vorübergehend Venedig Sitz des Hochmeisters. Im Jahre 1309 wurde der Hochmeistersitz auf die Marienburg im heutigen Polen, eine der größten Burgenanlagen der Welt, verlegt. Der Orden erlebte in der Folgezeit ein Auf und Ab. Im Jahre 1410 verlor er  die Schlacht von Tannenberg ge-gen Polen-Litauen, was neben großen personellen Verlusten auch erhebliche Reparationszah-lungen im 1411 geschlossenen Ersten Thorner Frieden brachte. Nach dem Verlust der Marienburg 1457 wurde die Hochmeister-residenz nach Königsberg verlegt. Hochmeister Albrecht von Bran-denburg - Ansbach legte 1525 den Ordensmantel ab und unterwarf sich dem König von Polen. Er nahm den Titel eines Herzogs in Preußen an und nutzte zur Stabilisierung seiner Landesherr-schaft die Einführung der Reformation.  Das geistliche Or-densland Preußen wurde somit zum ersten protestantischen       Territorialstaat. Residenzstadt des Ordens wurde nunmehr Mergentheim in Franken, das dem Orden bereits seit 1219 gehörte. Sehr wechselvoll war die weitere Ge-schichte des Ordens, der, dies ist eine Einzigartigkeit in der Kirchen-geschichte, bis ins 19.Jahrhundert trikonfessionell fortbestand. Ne-ben katholischen Ordensbrüdern gab es auch lutherische und calvinistische Ritter, die ebenfalls an die Gelübde gebunden waren. Herausragende Hochmeister des Ordens waren die Kölner Erzbischöfe Clemens August von Bayern (1732-1761), er erbaute die Schlösser Augustusburg bei Brühl und Clemenswerth, und Maximilian Franz, Erzherzog von Österreich, der jüngste Sohn von Kaiserin Maria Theresia. Durch ein Aufhebungsdekret Napoleons wurde der Deutsche Orden  1809 in den Rheinbundstaaten enteignet, der Hochmeister nahm seinen Wohnsitz nun in Wien. Die Aktivitäten des Ordens beschränkten sich in den nächsten Jahrzehnten auf die verblie-benen Besitzungen im Kaiserreich Österreich. Namen wie Troppau in Böhmen und Lana bei Meran seien hier genannt. Ein großer Einschnitt für den Orden war der Rücktritt von Hochmeister Eugen von Österreich im Jahre 1923.  Erzherzog Eugen trat zurück, damit der Orden nicht als Habsburgischer Hausorden in der Folge des Sturzes der Monarchie von 1918 aufgelöst wurde. In enger Zusammenarbeit mit Papst Pius XI. fand eine Umwandlung des Ordens statt. Aus einem Ritterorden wurde ein klerikaler Orden mit einem Priester als Hochmeister, dem die Würde eines infulierten Abtes zukommt.

 

2018 wurde P. MMag. Dipl.-Bw. (FH) Frank Bayard, MBA zum 66. Hochmeister des Ordens der Brüder und Schwestern vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem gewählt und zum Abt benediziert.  Gegliedert ist der Orden in drei Zweige, die Ordensbrüder, zumeist Priester, die vor allem in der Pfarrseelsorge tätig sind und caritative Einrichtungen unterhalten, die Schwestern, die sich im Bereich der Alten- und Krankenpflege engagieren und den Familiaren. Bereits im 13.Jahrhundert gab es im Deutschen Orden Familiaren. Dies waren Männer und Frauen, verheiratet oder nicht, die dem Orden in enger und besonderer Weise verbunden waren. In der Neufassung der Ordensregel des Jahres 1929 wurde das mittelalterliche Familiareninstitut wieder in der Ordensregel fest verankert. Die Verfolgung des Ordens durch die Nationalsozialisten - Hitler löste in Österreich den Orden im Jahre 1938 mit dem gleichen Dekret auf, mit dem er auch die Judenverfolgung im ganzen Land anordnete, verhinderte eine weitere Ausdehnung der Familiaren.                            

 

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnten neue Familiaren in den Orden aufgenommen werden, die in Deutschland im Deutschherrenbund zusammengeschlossen sind. Heute 2013 gibt es in der Ballei Deutschland, gegliedert in 9 Komtureien, etwa 420 Familiaren. Überwiegend sind die Familiaren Kleriker und verheiratete Männer, die als Unternehmer, Juristen, Mediziner, Künstler, Beamte aktiv in der Familiarengemeinschaft mitarbeiten wollen. Die Familiaren unterhalten Alten- und Jugendpfle-geeinrichtungen, z. B. in Köln das Wohnstift „Konrad Adenauer“, in Grevenbroich-Elsen einen Kinder-garten und eine Jugendhilfeeinrichtung. Weitere Einrichtungen  sind z. B. in Erfurt, Jena und in Lindlar.                                       

Von den Familiaren wird die „Wissenschaftliche Vereinigung für den Deutschen Orden“ getragen, die einerseits die Geschichte des Ordens erforscht, andererseits  den Priesternach-wuchs im Orden materiell unter-stützt und fördert. Dem alten Ordensmotto „helfen und heilen“ fühlen sich die Mitglieder des Deutschen Ordens, seien es die Brüder, die Schwestern oder die Familiaren, auch heute noch ver-pflichtet, wenn sie in der Kirche mitarbeiten und versuchen, den Glauben zu leben und den Armen und Bedrängten zu helfen. Jeder von ihnen bindet sich im Zeichen des Kreuzes an den Deutschen Orden. Das schwarze Kreuz auf weißem Grund ist für sie Symbol des Sieges Christi über die Mäch-te der Dunkelheit und des Todes. Unter dem Kreuz als Zeichen der Liebe Gottes wollen die Mitglieder des Deutschen Ordens den Menschen helfen und sie zu Christus führen.

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Im Kreuz des Herrn ist uns Heil geworden, Auferstehung und Le-ben; durch ihn sind wir erlöst und befreit (vgl. Gal 6,14).


„Das Kreuz sei Kraft und Stärke im Leben, Trost und Zuversicht im Sterben, Ehre und Ruhm in Ewigkeit.“ (aus dem Ritus der Profess- und der Investitur-feierlichkeiten)

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Michael Dederichs  Fam.OT